Archiv des Ortes
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Bedeutung eines fotografischen Archivs zur Raumentwicklung

Raumplanung und Städtebau operieren in Forschung und Praxis vorwiegend mit topologischen Karten, Daten und Statistiken. Damit können Aspekte, die für die Wahrnehmung und Erfahrung räumlicher Phänomene entscheidend sind, wie z.B. das Nebeneinander unterschiedlicher Raumtypen am selben Ort oder die atmosphärische Qualität von Räumen, nur schwer erfasst werden. Raum- und Landschaftsplanung, Architektur und Städtebau suchen deshalb gezielt nach neuen Wahrnehmungs- und Darstellungsformen. Die Frage, wie Visualisierungen für die Beschreibung und Analyse räumlicher Phänomene bzw. für die Vermittlung von Problemstellungen und Lösungsansätzen eingesetzt werden können, sind zentrale Themen in der raumorientierten Wissenschaft und der planerischen Praxis. Bildliche Darstellungen – Fotografien, computergenerierte Renderings, Grafiken, neue Formen von Karten etc. werden zur Beschreibung, Kategorisierung und Typisierung räumlicher Phänomene sowie zur Formulierung neuer Raumvorstellungen benutzt.

Die Fotografie ist eines der zentralen Medien zur Darstellung von Ort, Raum und Landschaft. In den unterschiedlichen Feldern fotografischer Praxis, in der Landschafts-, Dokumentar- und Architekturfotografie, in der Pressefotografie und in der Kunst werden Formen der Wahrnehmung und Darstellung von Raum kontinuierlich diskutiert und verhandelt. Die Fotografie zeigt, wie Räume aus unterschiedlichen Perspektiven wahrgenommen werden, sie stellt unterschiedliche Raumvorstellungen zur Diskussion. Die Fotografie entwickelt gewissermassen ein eigenes «Wissen vom Raum».

Fotografische Archive und Sammlungen werden seit der Erfindung der Fotografie gezielt zur Dokumentation von Stadt, Dorf, Architektur und Landschaft angelegt. Um den räumlichen Wandel seit 1945 zu dokumentieren, ist es notwendig, die fotografische Erfassung auszuweiten und Archive und Sammlungen zu konzipieren, welche Raumentwicklung in einem umfassenden Sinn als Entwicklung der räumlichen Praxis in einem Gebiet – einer Gemeinde, einer Region, auf nationaler Ebene – dokumentieren. Die Bedeutung eines fotografischen Archivs zur Raumentwicklung liegt insbesondere in folgenden Punkten begründet:

- Die Fotografie ist neben Karten und Plänen das wichtigste Medium zur Darstellung der Veränderung von Landschaften und Orten. Für die Dokumentation räumlicher Veränderungen existieren keine vergleichbaren textlichen Quellen. Das fotografische Archiv bildet das visuelle Gedächtnis einer Region, eines Landes. Es stellt eine der wichtigsten Quellen für die raumorientierte Forschung dar.

- Im Unterschied zu den abstrahierenden Darstellungsformen von Karten, Plänen und Statistiken stellt die fotografische Dokumentation einen Bezug zur Wahrnehmung und Erfahrung von Räumen her. Die Auswirkungen übergeordneter Entwicklungen und Veränderungsprozesse auf den Lebensraum werden vor Ort, in einer konkreten Landschaft, aufgezeigt und sichtbar gemacht.

- Räumliche Veränderungen verlaufen über einen langen Zeitraum und in einer Vielzahl einzelner Schritte. Die Aufmerksamkeit der Akteure in Wirtschaft und Politik sowie von Bewohnern und Nutzern richtet sich je auf einzelne Felder – Verkehrsentwicklung, Wohnentwicklung, Landschaftsentwicklung etc. – die als problematisch erachtet werden. Die Fotografie kann sichtbar machen, wie sich ein Gebiet, eine Region in Folge des Zusammenspiels dieser Entwicklungen verändert.

- Für die Schweiz sind Raum und Landschaft zentrale, identitätsstiftende Elemente. Landschaften und Orte sind für den Tourismus eine der wichtigsten Ressourcen. Die Frage, wie räumliche Veränderungsprozesse gesteuert und beeinflusst werden können, ist für die zukünftige Entwicklung der Schweiz von entscheidender Bedeutung. Indem sie die Auswirkungen und das Tempo räumlicher Veränderung sichtbar und bewusst macht, bildet die fotografische Dokumentation eine zentrale Grundlage für die gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung und Diskussion.

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